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by Aston » Sat Jun 05, 2010 9:40 pm
Heisse Spiele in Afrikas Winter
Auf dem Weg zum Weltmeistertitel darf der Faktor Klima nicht unterschätzt werden. SF-Meteorologe Felix Blumer erklärt, was die Schweizer Nati in ihren Spielen klimatisch erwartet und welche Teams in Südafrika im Vorteil liegen werden - zumindest was das Wetter betrifft.Am 11. Juni beginnt mit dem Spiel zwischen Gastgeber Südafrika und dem Team aus Mexiko die 19. Fussball-WM. Mit der Wahl von Südafrika als Gastgeber war klar, dass die Spiele im klimatischen Winter stattfinden werden.
Südafrika ist knapp viermal so gross wie Deutschland oder ziemlich genau 30 Mal so gross wie die Schweiz und liegt zwischen 22° und 35° südlicher Breite. Seine Lage ist vergleichbar mit Mexiko auf der Nordhalbkugel. In Südafrika gibt es verschiedene Klimazonen, von extremer Wüste in der Kalahari bis zu subtropischem Klima im Südosten.
Westküste, Ostküste und Hochland
Grundsätzlich gibt es drei Hauptfaktoren, die das Klima in Südafrika bestimmen. An der Westküste, der atlantischen Küste, ist der kalte Benguelastrom aus der Antarktis wetterbestimmend. Die Westküste ist generell kühler und trockener als die übrigen Gegenden, allerdings fällt das jährliche Niederschlagsmaximum ausgerechnet auf die Monate Juni und Juli.
An der Ostküste sorgt dagegen der Agulhasstrom aus dem Indischen Ozean für ein eher feuchtes und warmes Klima. Interessant dabei: In Durban, wo die Schweizer Nati ihr erstes Spiel gegen Spanien austrägt, sind die Wintermonate Juni bis August am trockensten. Weite Teile des Landesinneren gehören zum südafrikanischen Hochland. Während sich der Osten des Hochlandes durch gemässigte Temperaturen auszeichnet, kann es im Westen, in der Karoo-Halbwüste und in der Wüste Kalahari, zu extremen Temperaturen kommen.
Was erwartet die Hitzfeld-Truppe?
Vom 25. Mai bis zum 4. Juni weilt die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft in Crans Montana. Damit kann sich unser Team klimatisch optimal auf die WM in Südafrika vorbereiten. Während dem Trainingslager in der Walliser Höhenluft darf mit mittleren Nachmittagstemperaturen von 14 Grad gerechnet werden, in der Nacht kühlt es im Durchschnitt auf etwa 4 Grad ab. Frost ist aber immer noch möglich.
Am 9. Juni fliegt unser Team nach Johannesburg ab. In Vanderbijlpark, auf 1470 Meter über Meer und rund 30 Kilometer südwestlich von Johannesburg gelegen, bezieht die Mannschaft ihre WM-Unterkunft. Dort liegt die Durchschnittstemperatur am Nachmittag bei 17 Grad, in der Nacht ist es ebenfalls frisch mit Werten um 4 Grad. Regen dürfte im Trainingscamp kaum zum Thema werden. Es gibt nur einen Regentag im Juni.
Zunächst ein heisser Tanz
Am 16. Juni um 16 Uhr beginnt in Durban das WM-Abenteuer für unser Team mit dem Spiel gegen Europameister Spanien. In der Stadt am indischen Ozean dürften die Iberer nicht nur fussballerisch, sondern auch klimatisch im Vorteil sein. Rein statistisch zeigt das Thermometer während dem Spiel 23 Grad, im Extremfall sind aber sogar 32 Grad möglich. Die Chance auf Regen liegt dagegen nur gerade bei 12 Prozent.
Und noch eine Nullnummer
Auch zum zweiten Spiel reist unsere Nati ans Meer, auf Meereshöhe null. In Port Elizabeth ist am 21 Juni, ebenfalls um 16 Uhr, Chile der zweite Gegner. Das Klima wird ähnlich sein wie beim ersten Spiel. Die Temperatur sollte während dem Spiel bei etwa 20 Grad liegen, das absolute Maximum für den Juni wird mit 32 Grad angegeben. Das Regenrisiko liegt mit 18 Prozent wie überall an der Ostküste in dieser Jahreszeit tief. Logischerweise hofft die ganze Fussball-Schweiz, dass die Meereshöhe die einzig Nullnummer in Port Elizabeth sein wird.
Am Rand der Wüste: warm anziehen!
Das dritte Gruppenspiel gegen Honduras findet am Freitag, 25. Juni um 20.30 Uhr in Bloemfontein am Rande der Wüste, rund 1400 Meter über Meer, statt. Die Honduraner werden sich so oder so warm anziehen müssen. Beim Anpfiff dürfte die Temperatur bei etwa 3 oder 4 Grad liegen, bis zum Schlusspfiff könnte sie sogar unter den Gefrierpunkt sinken. Bleibt zu hoffen, dass der Schweizer Gefühlszustand gleichzeitig Werte nahe dem Siedepunkt aufweist.
Wie weiter?
Sollte die Schweiz Gruppensieger werden, spielt sie am 29. Juni im Nebel- und Regenloch Kapstadt, möglicherweise gegen die Elfenbeinküste oder Portugal. Dabei wäre Petrus wahrscheinlich auf unserer Seite. Als Gruppenzweiter geht es zurück nach Johannesburg. Wahrscheinlichster Gegner wäre in diesem Fall Rekordweltmeister Brasilien. Einzig die Höhenlage von gut 1700 Metern wäre ein schlagendes Argument für die Eidgenossen.
Wer wird Weltmeister?
Für das Turnier in Südafrika gibt es zahlreiche Favoriten. Aus geografisch-klimatischer Sicht sind einige Überlegungen nicht uninteressant. Bis jetzt fand die Fussball-WM 8 Mal ausserhalb von Europa statt und dabei wurde noch nie eine europäische Mannschaft Weltmeister. Bei den 10 Turnieren auf dem europäischen Kontinent konnte dagegen 9 Mal ein europäisches Team den Titel gewinnen. Einzig 1958 im kalten Schweden gewannen die heissblütigen Brasilianer den Titel.
Bei Turnieren ausserhalb von Europa wurde oft die grosse Hitze als grösster Gegner von Teams wie England, Deutschland oder Holland genannt. Dieses Argument sticht 2010 sicher nicht. Die beiden Halbfinals in Durban und Kapstadt und das Finale in Johannesburg werden abends um 20.30 Uhr (Orts- und Schweizer Sommerzeit) bei kühlen Temperaturen angepfiffen.
Nach einem harten Turnier mit 7 Spielen innert Monatsfrist dürfte am Schluss vor allem die Kondition in der Hochlage von Johannesburg entscheiden. Sind dies die Voraussetzungen, dass zum ersten Mal ein europäisches Team in der Fremde Weltmeister wird oder kann sich am Schluss sogar ein Team aus dem afrikanischen Kontinent durchsetzen? Die Antwort kennen wir am Sonntag, 11. Juli kurz vor Mitternacht.